Topic : Das ATOS-Magazin 3/98
Author : Das ATOS-Team
Version : 18.9.1998
Subject : ATOS Diskettenmagazine
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Editorial Das ATOS-Magazin 3/98
Editorial
In den letzten Monaten ist die Euphorie der großen Computerhersteller
stark gedämpft worden. Ob es die vielzitierten Asien- und Rußlandkri-
sen sind oder ob der (potentielle) Kunde inzwischen nicht auch bemerkt
hat, daß weniger manchmal mehr ist? Händler beklagen, daß sie kaum die
neuen 350 und 400 MHz Typen des Pentium II absetzen, die "alten" mit
266 und 300 MHz aber knapp seien - kein Wunder, bieten die kleineren
Typen doch mehr Leistung fürs Geld.
Früher gingen Softwarekomplexität und erhöhte Hardwareleistung, leicht
versetzt, miteinander her. Kam ein neues, leistungsfähiges System auf
den Markt, erhielt man bald neue Software dafür, die zwar einiges mehr
leistete als die alte, aber trotz besserer Hardware nicht immer
schneller war.
Doch der Spruch, daß Microsoft immer schneller langsamere Software
programmiert und Intel im Gegenzug immer langsamer schnellere Prozes-
soren entwickelt, trifft inzwischen nicht mehr zu. Selbst der Billig-
heimer-Einstiegsrechner bietet Rechenleistung jenseits von gut und
böse. Natürlich findet die Industrie immer ein Argument, dies zu
relativieren, aber auch Begriffe wie Multimedia sind inzwischen etwas
abgenutzt. Für die Durchschnittsanwendungen braucht es keine GigaFLOPs
und tonnenweise SPECints zum Briefeschreiben, CDs verwalten, und
Browserscrolling, sondern vielmehr ein durchdachtes, stimmiges System.
Zwei neue Konzepte sollen der inzwischen eher verhalten kaufenden
Kundschaft den Griff zum Portemonnaie erleichtern: der Milan und der
iMac. Man kann sich kaum zwei Heim-Rechner vorstellen, die unter-
schiedlicher sind - und doch haben sie etwas gemeinsam: sie wollen
Einfachheit und Funktionalität auf den Schreibtisch bringen, jeder auf
seine Art.
Der Milan, lange angekündigt, ist nun verfügbar. In dieser Ausgabe
werfen wir einen ersten, subjektiven Blick auf den Milan, in der näch-
sten ATOS-Ausgabe folgen dann ausführliche Benchmarks und Leistungs-
tests. Wessen originale Atari-Hardware nun altersbedingt
auseinanderbröselt, für den ist der Milan auf jeden Fall eine Überle-
gung wert, bietet er doch einige Vorteile gegenüber den Atari-
Emulatorsystemen: keinerlei Einarbeitung in ein neues System und (im
Vergleich zum Mac mit MagiCMac) eine parallele Schnittstelle. Aufstel-
len, einschalten, funktioniert - so sollte es sein. Für den Notfall
gibt es System-CDs, so daß man das System selbst nach einem Festplat-
tencrash schnell wieder hochziehen kann. Softwarepakete wie Papyrus,
Smurf, Draconis und Texel liegen in "leichten" Versionen bei. Hoffen
wir, daß die zahlreichen angekündigten Erweiterungskarten bald verfüg-
bar sind.
Der iMac von Apple stellt ähnliche Ansprüche an sich; nicht umsonst
zielt die Werbekampagne besonders auf die Einfachheit des Rechners. Er
vereint Monitor und Rechner, so daß man nur drei Kabel verlegen muß:
die Spannungsversorgung, das Telefonkabel zum internen Modem und die
Verbindung vom Rechner zur Tastatur. Nervendes Kabelwirrwar entfällt -
endlich scheint auch in den Designzentren jemand bemerkt zu haben, daß
bereits heute viele Kunden zu einem Laptop greifen, auch wenn sie nie
damit verreisen: Hauptargument ist der geringere Platzverbrauch, der
verminderte Kabelsalat sowie der "graue-08/15-Kisten-mag-ich-nicht"-
Effekt - alles Themen, bei denen der iMac punkten kann. Das Konzept
scheint aufzugehen: es wurden über 150.000 iMacs in der ersten Woche
vorbestellt, Versandhändler in den USA kommen mit dem Ausliefern nicht
nach.
(Die Maus des iMac)
Doch für viel Streit in den DFÜ-Diskussionsforen sorgte er mit Apples
Entscheidung, ihm weder ein Diskettenlaufwerk noch eine SCSI-Schnitt-
stelle mit auf den Weg zu geben. Während die einen darin blinde
Sparwut und Geschäftemacherei mit externen Speicherlaufwerken sehen,
meinen andere, daß gerade der Verzicht der Vorteil ist. Schließlich
hatten auch die Ur-Macintoshs, in den achtziger Jahren kennzeichnend
für eine neue Rechnergeneration, für damalige Verhältnisse eine sehr
seltsame Schnittstellenausstattung, die proprietärer kaum sein konnte.
Der iMac bietet für den Kontakt nach außen nur eine 10/100MBit
Ethernet-Netzwerkkarte und zwei USB (Universal Serial Bus)-Anschlüsse.
Vorhandene SCSI-Hardware kann man also nicht (ohne Adapter) weiterver-
wenden, doch die Zielgruppe des iMac, Computerneulinge, verfügen ja
nicht über bereits vorhandene Geräte. Und ob man dann ein SCSI-Zip-
Laufwerk oder ein USB-Zip-Laufwerk kauft, dürfte sich gleich bleiben.
Wünschen wir dem neuen Raubvogel und der knuddeligen grünen Kiste
einen Platz auf vielen Schreibtischen - mit Atari-Software.
Götz Hoffart